Der Sennestadtverein
Der Sennestadtverein

Die Geschichte des Sennestadtvereins

Horst Thermann: Sennestadtverein - Erinnerungen an die Anfänge

Aus "25 Jahre Sennestadtverein", 2008, Seite 8 und 9

Die Vereinsgründer:  Dieter Burkamp, Peter van Hekeren, Heinrich Koch, Ernst Neumann, Wolfgang Niermann,
Ulrich Schlawig, Horst Thermann, Günter Tiemann, Hans Vogt, Horst Wasgindt

Vorgedacht wurde der Sennestadtverein eigentlich schon 1967/68 im Redaktionsteam des „Sennestadtbuches“. Mit diesem „Heimatbuch“ sollte nicht nur die Entstehung unserer soeben von der Landesregierung zur Stadt erklärten Sennestadt dokumentiert werden. Die vielen Neubürger des „Gebildes aus der Retorte“, der „Stadt auf der grünen Wiese“ sollten durch dieses Buch auch mit dem Wissen um die Vorgeschichte, die Geschichte der Gemeinde Senne II, die „Geschichte einer Landschaft“, mit ihrer neuen Heimat vertraut gemacht und damit stärker in sie eingebunden werden. Das jedenfalls war die Idee, war der Wunsch des Rates der neuen Stadt mit dem dynamischen Bürgermeister und Kulturausschuss- Vorsitzenden Hans Vogt an der Spitze.  
Deshalb waren die Mitglieder des redaktionellen Ausschusses Oberstudienrat Friedhelm Kampsmann, Rektor und Heimatkundler Heinrich Koch, Ortsheimatpfleger Ernst Neumann, der Designer und Werbefachmann Horst R. Wasgindt und ich selbst als Kulturausschuss- Mitglied bereits bei der Herausgabe 1968 der Meinung, dass dieses grundlegende, alle heimatgeschichtlichen Aspekte umfassende Buch künftig weitergeschrieben werden müsse. Nach der Kommunalen Neuordnung von 1973 und der damit vollzogenen Eingliederung Sennestadts in die Stadt Bielefeld wurde das aus meiner Sicht schneller erforderlich als gedacht. Deshalb regte ich als Nachfolger von Hans Vogt gewählter Bezirksvorsteher 1979 eine zweite, erweiterte Auflage an. Sie wurde nun mitgestaltet von NW-Redakteur Dieter Burkamp, Peter van Hekeren als stellvertretendem Bezirksvorsteher, vom ehemaligen Stadtdirektor Klaus Meyer, dem Bezirksvertreter Wolfgang Niermann, dem Bezirksamtsleiter Günther Tiemann sowie dem ehemaligen Bürgermeister und Bezirksvorsteher Hans Vogt.   
Die Aktivitäten von Heimatvereinen in umliegenden Gemeinden und Stadtbezirken riefen in mir die bereits bei der Redaktionsarbeit für das erste Sennestadtbuch diskutierten Überlegungen wieder wach, dass ein „Sennestadt- Verein für Heimatgeschichte und Heimatpflege“ gerade für unseren Stadtbezirk wichtig sei, um in der Großstadt Bielefeld den „Sennestadt-Gedanken“, das Wissen um die Geschichte unseres Raumes wie um die tragenden Ideen für die Gründung dieser neuartigen Siedlung zu bewahren und weiterzutragen. Dies umso mehr, als es auch galt, die nach wie vor depressive Stimmung nach unserer „Eingemeindung“ durch kulturelle Initiativen wie diese zu überwinden und ein neues Sennestädter Selbstbewusstsein zu wecken.   
Bei Hans Vogt, der sich – nicht zuletzt aus Enttäuschung über die eingeschränkten Möglichkeiten für politisches Handeln – aus der Rats- und Bezirksvertretungsarbeit zurückgezogen hatte – stieß ich mit meiner Idee auf offene Ohren. Er war bereit, sich „in einem solchen Rahmen wieder für unsere Sennestadt einzusetzen“ und den Vorsitz des zu gründenden Vereins zu übernehmen. Und so konnte ich am 4. Mai 1983 die oben genannten, mit der Erarbeitung der beiden Sennestadtbücher befassten Herren sowie den neuen Leiter der Volkshochschul- Nebenstelle, Ulrich Schlawig, mit der folgenden Begründung zu einem „Gespräch über die evtl. Gründung eines Sennestadt-Vereins“ einladen:  
Einladung zur Gründung  
„Sie haben sich in den letzten Jahren in besonderer Weise für die Stadt bzw. den Stadtbezirk Sennestadt, für die Landschaft und für die Menschen dieses Raumes engagiert und mit dazu beigetragen, Gewachsenes zu bewahren und den aus vielen Teilen Deutschlands zugezogenen Menschen ein neues Heimatgefühl zu geben, etwa bei der Herausgabe und späteren erweiterten Neuauflage des Sennestadtbuches, im Rahmen der Volkshochschularbeit und Sie, verehrter Herr Neumann, als Ortsheimatpfleger und Betreuer des Sennestadtmodells und des Sennestadtarchivs. Nun gibt es Überlegungen, wie diese gute Arbeit langfristig gesichert und weitergeführt werden kann. Ich möchte sehr gern mit Ihnen erörtern, ob die Gründung eines Heimatvereins sinnvoll ist, und würde mich freuen, wenn wir uns am 31. Mai 1983 im Sennestadthaus zu einem Meinungsaustausch treffen könnten. Aufgabe eines Heimatvereins könnte es sein, sich um die Heimatgeschichte und um die Heimatpflege, bezogen auf den Stadtbezirk Sennestadt, zu kümmern. Langfristig könnte er etwa auch für die Trägerschaft der Dokumentation Sennestadt (jetziges Archiv) und die Fortschreibung des Sennestadtbuches in Frage kommen, dies alles in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Ortsheimatpfleger. Ein solcher Heimatverein könnte unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung und Gestaltung Sennestadts und der Pflege des Sennestadtgedankens ein Bindeglied für das Sennestädter Vereinsleben sein. Denkbar ist es, innerhalb des Vereins bestimmte Gruppen zu bilden, z.B. zur Pflege der plattdeutschen Sprache und des Brauchtums (als Fortführung des jetzigen Volkshochschulkurses), zur Heimatgeschichte usw. Wir sollten weitere Ideen sammeln, ordnen und auf ihre Umsetzbarkeit abklopfen und vielleicht schon die Bildung eines Heimatvereins vorbereiten...“   
Das Gespräch mit allen Eingeladenen brachte große Zustimmung und eine erste Auflistung konkreter Vorschläge für die Struktur des Vereins:  
  • Sammelbecken, Bindeglied und Motor für Sennestädter Vereine,
  • Form und Betätigungsfeld auch für Einzelmitglieder,
  • Ermöglichung spezieller Aktivitäten, z.B. durch Bildung von Arbeitsgruppen wie 
  • Gruppe für Plattdeutsch und Brauchtumspflege
  • Heimatgeschichtliche Gruppe
  • Gruppe für Landschaftspflege und Stadtgestaltung/Ortsbildpflege
  • Wanderungen und Fahrten
  • Dokumentationskreis/Archiv
  • Vorbereitungskreis für Feste, Ausstellungen, Vorträge 
 
Dieter Burkamp regte an, den Verein kurz und prägnant „Sennestadtverein“ zu nennen, und auch über meinen Vorstandsvorschlag wurde man schnell einig: Hans Vogt sollte Vorsitzender, Ulrich Schlawig Stellvertreter, Peter van Hekeren Kassierer und der jeweilige Bezirksamtsleiter Schriftführer werden. Als „geborene“ Beisitzer sollten der jeweilige Ortsheimatpfleger und der jeweilige Bezirksvorsteher dem Vorstand angehören.   
So beschloss es die Gründungsversammlung des Vereins, die unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 7. November 1983 im Sennestadthaus stattfand.  
300 Mitglieder im ersten Jahr!   
Bereits ein halbes Jahr später konnte der Vorstand – inzwischen erweitert um die Beisitzer Frau Rosemarie Pieper und die Herren Eckhard Wissmann und Erich Oberquelle – von über 300 Mitgliedern berichten, darunter 29 Vereine, Verbände, Kirchengemeinden und die Parteien CDU, FDP und SPD. Die Arbeitskreise Dokumentation Wort (Leitung Ernst Neumann), Dokumentation Bild (Ulrich Schlawig), Plattdeutsch und Brauchtum (Hans Vogt) und Ortsbildpflege (Hans- Ulrich Eltze) hatten ihre Arbeit aufgenommen. Auf Bitten der Service-Clubs übernahm der Verein die Organisation des bisher von ihnen veranstalteten „Christkindlmarktes“, nun umbenannt in Sennestädter Weihnachtsmarkt. Ab dem Fest zum Jubiläum „20 Jahre Sennestadt / 10 Jahre Sennestadthaus“ im Sommer 1985 wurden auf Anregung der Bezirksvertretung auch die jährlichen Sennestadtfeste – gemeinsam mit der Bezirksverwaltung – ausgerichtet. Hinzu kamen vielfältige Vereinsaktivitäten, deren Ausweitung 1997 in der Übernahme der gesamten öffentlichen Kulturarbeit für den Stadtbezirk durch die Stadt Bielefeld gipfelte.  
Übernahme der öffentlichen Kulturarbeit  
Nach der Auflösung des 1961 von mir mitbegründeten Kulturringes Sennestadt e.V., der wegen personeller und finanzieller Auszehrung (Streichung der städtischen Förderung) seine verdienstvolle Arbeit einstellen musste, regten der neue Vereinsvorsitzende Ulrich Schlawig und ich bei der Bezirksvertretung an, die erheblich eingeschränkten städtischen jährlichen Finanzmittel für Kulturarbeit nun zu bündeln und dem neu gegründeten Kulturkreis des Sennestadtvereins zu übertragen. Das gemeinsam mit kulturell engagierten Vereinsmitgliedern entwickelte Konzept sah bereits alle Aufgaben vor, die seitdem vom Kulturkreis wahrgenommen werden.   
Die Fraktionen von SPD und CDU erhoben diese Anregung zu einem gemeinsamen Antrag. Er wurde von der Bezirksvertretung beschlossen und von der Stadt Bielefeld akzeptiert. Der Kulturkreis konnte unter dem Vorsitz von Ulrich Schlawig seine selbstgestellte Aufgabe eigenverantwortlich beginnen.  
Damit wurde der Verein endgültig zu dem umfassenden Sennestadt-Verein, der über die Ziele vieler traditioneller Heimatvereine hinausgehend das gesellschaftliche Leben unseres Stadtbezirks insgesamt prägt und belebt und die Grundideen der Sennestadtgründer von einem humanen Miteinander nicht nur bewahrt, sondern zukunftsträchtig weiterzuentwickeln hilft.